Autor: REINHARD RECHTSANWÄLTE

Zur fiktiven Abrechnung von Unfallschäden in der Fahrzeugkaskoversicherung auf Gutachtenbasis, Bundesgerichtshof 11.11.2015

Wer nach einem Unfall einen Schaden an seinem Auto hat, möchte diesen unter Umständen nicht reparieren lassen, sondern sich lieber den Schadensbetrag auszahlen lassen. Das macht etwa Sinn, wenn man das Fahrzeug nicht repariert weiternutzen möchte sondern lieber ein anderes Auto kauft. Man bezeichnet dies als fiktive Regulierung. Für den Haftpflichtschaden, wenn also die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners zur Regulierung verpflichtet ist, ist diese Form der Abrechnung grundsätzlich anerkannt. Beispielhaft darf auf die Porsche-Entscheidung des BGH verwiesen werden. Für den Bereich der Kaskoregulierung war bisher nicht höchstrichterlich geklärt, ob wenn eine fiktive Abrechnung in Betracht kommt, die Regulierung auf Basis der kalkulierten Kosten einer markengebundenen Vertragswerkstatt erfolgen muss, oder der Versicherer auf die niedrigeren Kosten einer „freien“ Werkstatt verweisen kann. Die schriftliche Urteilsbegründung lag bei Erstellung dieser Veröffentlichung (11.11.2015) noch nicht vor. Die genauen Auswirkungen der Entscheidung auf die Praxis lassen sich erst feststellen, wenn die Entscheidung vollständig vorliegt. Schon jetzt steht aber fest, dass sich erhebliche Änderungen ergeben werden. Bei Fragen rund ums Verkehrsrecht stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung Ihr Ansprechpartner in unserer Kanzlei …

VW Urteil des BGH VI ZR 53/09 vom 20.10.2009 – keine Verweisung auf billigere Reparaturmöglichkeit bei Unzumutbarkeit

Im Rahmen der Regulierung von Verkehrsunfällen tauchen immer wieder Entscheidungen und Begriffe auf, die schlagwortartig wiedergegeben werden. In unserer Abteilung „Rechtswörterbuch“ wollen wir zu einigen ein paar Hinweise geben. Eine der zentralen Entscheidungen zur fiktiven Abrechnung des Unfallschadens ist die sogenannte VW-Entscheidung des Bundesgerichtshof (BGH). Den Text der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 20.10.2009 zur Schadensberechnung eines Unfalls nach fiktiven Reparaturkosten finden Sie hier: Neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Höhe der Stundensätze im Rahmen der Reparaturkostenabrechnung nach einem Verkehrsunfall Der Kläger macht gegen den Beklagten restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend. Dabei wurde das Fahrzeug des Klägers, ein zum Unfallzeitpunkt ca. 9 ½ Jahre alter VW Golf mit einer Laufleistung von über 190.000 km, beschädigt. Die Haftung des Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Die Parteien streiten nur noch um die Frage, ob sich der Kläger im Rahmen der fiktiven Abrechnung seines Fahrzeugschadens auf niedrigere Stundenverrechnungssätze einer ihm vom Schädiger bzw. von dessen Haftpflichtversicherer benannten „freien Karosseriefachwerkstatt“ verweisen lassen muss oder ob er auf der Grundlage des von ihm vorgelegten Sachverständigengutachtens die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen …

Wer auffährt ist schuld? Stimmt nicht immer!

Wenn es nach einem Auffahrunfall um die Frage der Schuld geht, wird von vielen standardmäßig der Satz, „wer auffährt, ist schuld“ zitiert. Dies ist aber durchaus nicht immer der Fall, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom Dezember 2011 klarstellt. In der Sache ging es um einen Unfall auf einer Autobahn. Der Kläger hatte behauptet, er habe versucht, einen LKW zu überholen. Hierzu habe er sich ca. 100 m vor Erreichen des LKWs vollständig auf der linken Spur eingeordnet. Der Unfall habe stattgefunden, als der Kläger mit seinem Pkw in Höhe des LKW gewesen wäre. Der auffahrende Beklagte sei offenkundig mit überhöhter Geschwindigkeit und unachtsam gefahren. Der Beklagte wiederum gab an, das Fahrzeug des Klägers habe sich ca. 500 m hinter dem LKW auf der rechten Spur befunden. Der Beklagte sei auf der linken Spur gefahren und wollte den klägerischen Pkw passieren, als dieser plötzlich ohne den Fahrtrichtungsanzeiger zu setzen auf die linke Spur zog. Der genaue Hergang konnte trotz Einholung eines Gutachtens nicht geklärt werden. Das Landgericht ist von einer hälftigen Haftungsteilung ausgegangen, …